Verfasst von Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg
«Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.»
So lautet die Jahreslosung für das Jahr 2024. Paulus setzt diese Ermahnung ans Ende seines ersten Briefes an die Korinther.
Weg vom Streit …
In Korinth gab es viele Fragen zum Gemeindeleben und zum Umgang miteinander. Die Differenzen zwischen den Christinnen und Christen in Korinth scheinen nicht immer in geschwisterlicher Liebe ausgetragen worden zu sein. Im Gegenteil: Konflikte und Streit, Parteienbildung und Überheblichkeit werden von Paulus kritisiert. Den ganzen Brief hindurch ermahnt Paulus die Gemeinde wieder und wieder zur Liebe.
… hin zur Liebe …
Die Ausführungen gipfeln in Kapitel 13 in dem berühmten Text, der alle mit der Liebe verbundenen Tugenden aufzählt. Paulus zeigt damit, dass die Liebe alles andere, was als christlich gelten mag, haushoch überragt. Für Paulus ist die Liebe die christliche Tugend schlechthin. Er ist damit ganz auf der Linie von Jesus, der das Liebesgebot auch als das höchste aller Gebote bezeichnet.
… ist oft schwieriger als gedacht …
«Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe». So einfach und klar dieser Satz auch ist, so schwierig kann er in der Umsetzung sein. Es muss ja nicht gerade Hass sein. Aber Lieblosigkeit kann sich fast unbemerkt in unserem Alltag ausbreiten. Sie kommt im Schlepptau von Routine, Selbstverständlichkeit und Unachtsamkeit. Sie schleicht sich ein im Schatten von Griesgram und dem Fokus aufs Negative. Sie ist das Echo von enttäuschten Erwartungen anderen Menschen gegenüber, die sich nicht so verhalten, wie sie es unserer Meinung nach sollten. Sie ist das Resultat von Selbstbezogenheit und der offenen oder verborgenen Angst zu kurz zu kommen.
… auch im Kirchenreformprozess, …
Wir stehen mitten im Kirchenreformprozess, der unsere Kirchgemeinden und die Landeskirche auf die Zukunft ausrichten soll. Reformen und Veränderungen wecken Verlustängste. Als Antwort darauf ziehen wir uns zurück, schauen zuerst einmal für uns selbst. Wir erwarten von anderen, dass sie unsere Probleme lösen oder zumindest die Rahmenbedingungen zu unseren Gunsten verändern. Und sind enttäuscht, wenn sie es nicht tun. Wir beschreiben unsere Probleme x-fach, werden missmutig und frustriert, ziehen uns aufs Gewohnte zurück und halten uns an die Routine dessen, was immer schon so war. Die Gefahr, dass dann Lieblosigkeit bei uns Einzug hält, ist gross.
… aber Paulus hat einen Rat: …
Die Gefahr der Lieblosigkeit können wir deutlich reduzieren, wenn wir die Ermahnungen von Paulus einmal auf uns beziehen und unsere Reform in einem Geist der Liebe anpacken. Die Liebe, so verstehe ich Paulus, geht im Miteinander zunächst einmal von guten Absichten aus. Sie ist nicht misstrauisch und sieht im Mitmenschen ein Gegenüber und keinen Gegner. Sie rechnet damit, dass andere auch recht haben könnten, sie ist offen und positiv neugierig auf das, was andere einbringen. Wenn unterschiedliche Auffassungen im Raum stehen, gibt sie dennoch nicht einfach immer nach. «Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid tapfer und stark», schreibt Paulus im Vers, der vor der Jahreslosung steht.
… wachsam, fest im Glauben und einander in Liebe zugewandt sein!
Wir werden wachsam und stark sein müssen in unserem Reformprozess. Wir dürfen fest sein im Glauben daran, dass Gott in unserer Mitte ist, wenn wir als Kirche etwas in seinem Namen tun – selbst wenn wir uns nicht in allem einig sind. Wenn unser Kirche-Sein in Liebe geschieht, steht unser Bemühen unter Gottes Segen. Diesen Segen wünsche ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, verbunden mit grossem Dank, wo auch immer Sie sich
für unsere Kirche engagieren!
„keine liebe ohne erkenntnis“, sagt erich fromm, autor des berühmten buches „die kunst des liebens“. die frage nach der liebe ist zugleich die frage nach der wahrheit. im schauen von angesicht zu angesicht fallen wahrheit und liebe zusammen. „wir erkennen aus teilen“, sagt paulus, die darin abgetan sind. das ganze ist mehr als die summe seiner teile, ihre vereinigung. in ihr ist der teil das ganze. angewurzelte pflanzen tanzen.