verfasst von Christoph Weber-Berg
«Prüft alles und behaltet das Gute!» Dieser fast schon lakonische Vers aus dem 1. Thessalonichkerbrief 5,21 ist die Jahreslosung für das Jahr 2025. Ein Steilpass für unsere Kirchenreform. So einfach ist es: Alles ausprobieren und das, was sich bewährt, «das Gute», behalten. Warum machen wir es uns dann mit dem Reformprozess so kompliziert, möchte man augenzwinkernd fragen.
Nur: bei näherem Hinsehen merkt man schnell, dass das scheinbar Einfache ganz schön herausfordernd sein kann. Es ist klar: «Alles prüfen» geht nicht. Wir müssen auswählen, was wir prüfen. Darin liegen ganz viele Chancen und Möglichkeiten. Die Neugier auf das, was uns die Zukunft alles bietet, sollte uns stärker antreiben als die Angst vor dem, was wir alles verlieren könnten. Die Einladung «alles» zu prüfen, heisst eigentlich:
Was auch immer sich für Möglichkeiten bieten, probiert sie aus! Seid kreativ!
Ich glaube, das ist der beste Tipp für eine Kirche im Reformprozess. Ich weiss zwar schon jetzt: Bei der einen oder anderen Idee, die in einer Kirchgemeinde ausprobiert werden möchte, werde ich zuerst leer schlucken. Nicht alles wird nach meinem Gusto sein. So wird es vielen von Ihnen auch gehen. Aber wir haben uns vorgenommen: die Reform soll eine Ermöglichungskultur etablieren. Das heisst nicht «anything goes». Wir sind und bleiben eine öffentlich-rechtliche Kirche mit allen Vor- und Nachteilen, die damit verbunden sind. Und wir stehen in der reformierten Tradition und versuchen sie für unsere Zukunft weiterzuentwickeln. Aber es bringt uns weiter, wenn Neues im Sinne der Jahreslosung «geprüft» werden kann.
Das Jahr 2025 ist dafür eine wichtige Phase. So genannte «Pilotgemeinden» testen die Zusammenarbeit in interprofessionellen Teams. Andere Kirchgemeinden intensivieren die regionale Zusammenarbeit. Noch andere sind dabei, über das Thema Zusammenschluss, nicht nur unter Nachbargemeinden sondern unter Kirchgemeinden im ganzen Kanton nachzudenken. «Prüft alles und behaltet das Gute!»
Was «gut» ist, zeigt sich oft erst im konkreten Versuch. Das finden wir nicht am grünen Tisch heraus. Und am Ende ist nicht alles für alle von uns gleich gut. Was sich hier bewährt, ist andernorts weniger hilfreich. Doch um das zu erfahren, braucht es Neugier, Offenheit für Ungewohntes, Lust am Ausprobieren. Reform-Energie, die in die Zukunft zieht und sich nicht daran klammert, die Vergangenheit zu erhalten oder gar wiederherzustellen. Ich merke bei mir selber, dass mich die Reform unserer Kirche viel mehr inspiriert, mir sehr viel mehr Freude macht, wenn ich mich von Vorstellungen leiten lasse, was die Zukunft uns bringen kann, als wenn ich bange darauf schaue, was wir zu verlieren haben.
Ich weiss: Manchmal ist da die Befürchtung, im Reform-Eifer werde Bewährtes, Althergebrachtes respektlos über den Haufen geworfen. Tatsächlich, auch unsere Reform darf sich nicht von dem verabschieden, was unsere Aargauer Kirche ausmacht: Die befreiende Botschaft des Evangeliums. Die Liebe Gottes zu den Menschen. Die Kraft der Versöhnung. Die Freiheit im Glauben und ein Leben in Liebe zu den Mitmenschen – wie zu sich selbst. Ein Leben zur Ehre Gottes. Die reformierte Tradition, die den freien und religiös mündigen Menschen in die Beziehung mit Gott und in die Verantwortung vor Gott stellt.
Kirche im Kleid der Landeskirche: Theologisch diskurs- und pluralismusfähig. Vielfältig in den Ausdrucksformen des Glaubens. Respektvoll gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden. Subsidiär von unten her organisiert: demokratisch und rechtsstaatlich.
Ich freue mich auf das Reformjahr 2025: Lasst uns «alles» prüfen. Das Gute und Bewährte werden wir behalten. Und alles möge geschehen im Vertrauen darauf, dass Gottes Wille geschehe – nicht unser eigener. «Wie im Himmel – so im Aargau.»
verfasst von Christoph Weber-Berg
die 4 im jahr 24 ist die zahl der ganzheit. die 5 ist die zahl des dialogs. sie macht lebendig und wendig. und doch beruhigt der balken den mentalen bereich. atheist*innen, freidenker*innen und andere haben ein intellektuelles problem mit uns. es ginge nun darum, die ganzheit dialogisch zu verwerten. zb indem wir ihnen zugestehen: ja, es besteht ein problem. gott ist im neuen testament und in unserer tradition vater. alles geht aus dem vater hervor: der sohn, der geist, die schöpfung. der vater ist das ein und alles, bis zuletzt in allem. in den letzten jahren habe ich in diesem blog meine meinung dargelegt, dass, was paulus sagt: dass der vater alles in allem sei, ein unvollkommener teil eines unvollkommenen erkennens ist, dass er zur vereinigung von allem gehört – ohne ihn geht es nicht – , sie aber nicht ist. (1kor 13.8ff, 15.28) ein besonderes problem wird in der frage gesehen, wie das zusammengehen soll: der liebende vater, der zugleich allwirksam sein soll. wir kennen die berichte von schwerverletzten, die davon nichts merken, sich aber in einer wunderbaren nahtoderfahrung befinden. das lässt mit vorsicht ahnen, dass allwirksamkeit und liebe eben doch zusammengehen. nur eben – mehr „schon jetzt“ als „noch nicht“ – alles aus allem. die dissoziation von den leiden der jetzigen zeit als assoziation mit der mehr als person, aber personähnlichen, noch etwas anderes als raum und zeit seienden erleuchtung, die dann wieder anteilnahme am leiden der welt ist, ermöglicht die aus der im tod des todes und seiner verwandlung begründeten verheissung hervorgehende hoffnung in dem, was die gegenwart uns zumutet und die zukunft uns noch zumuten kann. (rm 8.18ff) eben vor meinem fenster ein wunderbares schauspiel: ungewöhnlich stark reifbehangene äste, weit nach unten geneigt, werden nun von der sonne entlastet und breiten sich wieder aus. und das alles nicht nur in einem vater begründet, sondern in der summe und in der vereinigung aller einzelnen, die schöpfung und teil des ganzen sind.